Trend zur Nachhaltigkeit beflügelt das Bauen im Bestand: Umbau ist nur selten günstiger als Neubau

  • Gewerbemieternachfrage ist oft höher als für gleichwertige Neubauten
  • Mit kooperativen Planungsverfahren Herausforderungen im Bestand meistern
  • Weiternutzung von Gebäuden teils durch Deckenhöhen limitiert
  • Digitalisierung erleichtert Workflows und Abstimmungen mit allen Projektbeteiligten

Berlin, 14. November 2024 – Der Umbau und die Umnutzung von Gewerbeimmobilien in Deutschland wird attraktiver – wenn auch nicht günstiger als die Errichtung gleichwertiger Neubauten. Dies bestätigten die Teilnehmer der Online-Pressekonferenz „Bauen im Bestand“. Marc Mockwitz, Geschäftsführender Gesellschafter von Cloudbrixx, Joachim Schmidt-Mertens, Geschäftsführer von Becken Development, Jens Fieber, Geschäftsführer von HIH Projektentwicklung und Majd Zughaibi, Partner von UNDKRAUSS Bauaktiengesellschaft waren sich darin einig, dass durch den erhöhten Planungs- und Arbeitszeitaufwand der Umbau und die Revitalisierung eines Bestandsgebäudes ähnlich kostspielig sei, wie die Errichtung eines gleichwertigen Neubaus, bei dem etwa 25 Prozent der Baukosten auf die Errichtung des Rohbaus einschließlich Tiefbau entfallen würden, so Schmidt-Mertens. Marc Mockwitz von Cloudbrixx sieht teilweise sogar höhere Kosten, weil auch die Nachhaltigkeitsanforderungen im Bestand oft mit einem höheren Aufwand zu implementieren seien und Jens Fieber von der HIH benennt eventuelle zeitliche Verzögerungen bei Bestandsrealisierungen als möglichen Kostentreiber. Prinzipiell seien die Kosten noch nicht dort, wo man sich im Entwicklungszyklus befinde.

Ursächlich für den wachsenden Trend zu Bestandsumbauten sei, dass gerade innerstädtische Grundstücke bereits mit teils denkmalschutzwürdigen beziehungsweise städtebaulich markanten Gebäuden bebaut seien. Hinzu komme die Tatsache, dass Mieter und Investoren, die in der Gebäudesubstanz gebundene graue Energie weiter nutzen wollen und dies als Beitrag zum Klimaschutz und zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen an Relevanz gewinnen würde. Gewerbemieter würden sich daher eher für ein gut revitalisiertes Bestandsgebäude entscheiden als für einen gleichwertigen Neubau, sagte Schmidt-Mertens.

UNDKRAUSS stärkt seine Kernkompetenz und Kapazitäten im Bestand

Diese Präferenz wie auch die aktuell rückläufige Neubautätigkeit spiegeln sich im Auftragsbestand und -eingang des Gewerbeausbauspezialisten UNDKRAUSS wider. Das Unternehmen prüft derzeit Anfragen im Wert von rund 150 Mio. Euro und erwartet für das laufende Kalenderjahr eine Unternehmensleistung von 85 Mio. Euro. Dabei sei eine Trendwende vom Ausbau von Neubauflächen hin zum Bauen im Bestand sowie Verzögerungen bei den Auftragsbestätigungen zu beobachten, was auf einen stärkeren Wettbewerb bei Ausbauleistungen im Bestand schließen lasse. Bereits jetzt seien 70 Prozent der Projekte Bestandsumbauten und von den 200 Anfragen im vergangenen Jahr entfielen 95 Prozent auf Bestandsausbauten.

Besonders gern befasse sich UNDKRAUSS mit schönen Projekten, die allen Beteiligten Spaß machen, insbesondere den Projektleitern, und bei denen man möglichst frühzeitig in die Planungen mit einbezogen werde. „Wir bevorzugen kooperative Modelle der Zusammenarbeit wie Design und Build, bei denen die Trennung zwischen Planen und Bauen aufgehoben ist“,
sagt Majd Zughaibi. „Das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen möchten wir durch eine Beteiligung in der Pre-Construction-Phase Hemmnisse rechtzeitig erkennen und Abläufe optimieren und so einen echten Mehrwert für unsere Auftraggeber bieten. Zum Zweiten wollen wir das Frustrationspotenzial auf den Baustellen reduzieren. Letzteres ist auch ein Beitrag zur Mitarbeiterbindung und -entlastung. Die Projektleiter können sich frühzeitig und persönlich mit einbringen und werden von uns überdies von vielen administrativen Aufgaben entlastet.“ Aktuell hat UNDKRAUSS 150 Mitarbeiter und erhält derzeit mehr Bewerbungen als vor drei oder vier Jahren.

Zu den jüngst fertig gestellten Projekten gehört das 8.300 Quadratmeter umfassende Kunsthaus Tacheles in der Oranienburger Straße in Berlin. Das ehemalige Kaufhaus und alternative Kulturzentrum wurde revitalisiert und mit hohen Denkmalschutzanforderungen zur Berliner Dependance des Stockholmer Fotografiemuseums Fotografiska umgebaut. „Jedes Graffiti, jeder Aufkleber sollte erhalten werden. Das Ergebnis ist ein echt tolles Projekt. Wir sind stolz darauf, dass wir dort mitwirken durften“, sagt Zughaibi.

Leerstandsvermeidung und energetische Ertüchtigung haben bei der HIH höchste Priorität

Bedarf für Revitalisierungen und Umnutzungen entsteht bei der HIH in der Regel, wenn Flächen nicht ohne Weiteres nachvermietet werden können, insbesondere bei Büroimmobilien. Jens Fieber, Geschäftsführer der HIH Projektentwicklung prüft aktuell rund 30 Projekte bezüglich Handlungsbedarf und -optionen. Das sind etwa sechs Prozent des von der HIH gemanagten Gebäudebestands. Als vollintegrierter Projektentwickler bietet die HIH ihren Kunden somit ein vollumfängliches Leistungspaket und kann den gesamten Lebenszyklus der Immobilien abdecken. Derzeit sieht Fieber insbesondere auch Chancen bei Distressed Assets, hier werde vor allem Schnelligkeit und Pragmatismus verlangt, um überdurchschnittliche Ergebnisse für Investoren und Kapitalgeber zu ermöglichen.

Einen hohen Stellenwert räumt Fieber aktuell auch der energetischen Sanierung ein: „Die Ertüchtigung von Fassaden, Tiefgaragensanierungen sowie die ESG-Sanierung von Gebäuden mit der Erneuerung der Heizungs- und Lüftungstechnik sind unser täglich Brot.“ Voraussetzung für diese Maßnahmen sei vor allem eine nutzungsadäquate Lage des Objektes, um es im Anschluss auch wieder für die Vermietung platzierbar machen zu können. So konnte ein denkmalgeschützes Büro zu einer der modernsten Polizeiwachen Norddeutschlands entwickelt werden. In Köln und Hannover wurden zwei ehemalige Büros in Schulen transformiert, hier sieht Fieber viel Potenzial bei Städten und Kommunen.

Becken setzt auf Flexibilität bei Architektur und Nutzungsmöglichkeiten

Joachim Schmidt-Mertens, Geschäftsführer der Becken Development GmbH, sagt: „Jedes Projekt im Bestand betrachten wir wie einen künftigen Neubau und wollen es auch auf dieses Niveau heben, denn Mieter wollen in erster Linie in einem nachhaltigen Gebäude unterkommen.“

Wichtig sei die Nachhaltigkeit der Objekte. Ein wesentlicher Teil dieser Nachhaltigkeit sei wiederum die Langlebigkeit und die Flexibilität bei Nutzungs- und Vermietungsmöglichkeiten sowie bei der Gebäudetechnik. „Wir entwickeln für den Investmentmarkt, daher müssen sich die Gebäude so ertüchtigen lassen, dass sie am Ende nicht ‚stranden‘, also den Klimaschutzpfad einhalten, und die Anforderungen der EU-Taxonomie nach Artikel 9, mindestens aber nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung erfüllen.“ Weil sich energetische Standards sukzessive verschärfen würden, gelte es gerade in diesem Punkt vorausschauend zu agieren.

Entscheidend sei aber die Attraktivität für die potenziellen Mieter. So könnten auch Bauten aus den 1960er und 70er Jahren funktionierende Voraussetzungen für Revitalisierungen mit modernen Strukturen bieten, weiß Schmidt-Mertens: „Unsere aktuelle Münchner Bestandsentwicklung in der Nymphenburger Straße verfügt über die notwendigen Geschosshöhen von 3,50 Meter bis 4,50 Meter, die uns bei der Nutzeransprache viele Möglichkeiten bietet.“ Bestandsprojekte stehen dann einer gewissen Komplexität gegenüber, wenn es um das Thema Denkmalschutz geht, so Schmidt-Mertens: „Hier ist es wichtig, möglichst frühzeitig in den Austausch mit den Behörden zu gehen, um gemeinsam konstruktive Lösungen zu erarbeiten, da denkmalgeschützte Bestände oft nicht den heutigen Nutzeranforderungen genügen und damit für Mieter ohne Eingreifen in die Bausubstanz nicht attraktiv sind. Beispielsweise können große Raumtiefen und damit verbundene fehlende natürliche Belichtung eine echte Herausforderung sein, wenn es um funktionierende moderne Büroflächen geht.“ Ein positives Beispiel für die Revitalisierung eines 60er Jahre-Büros ist das denkmalgeschützte Finnlandhaus und heutiger Firmensitz der Becken-Gruppe in Hamburg.

Cloudbrixx sieht die Digitalisierung als alternativlos an, um komplexe Umbauvorhaben effizient zu managen

Marc Mockwitz, geschäftsführender Gesellschafter der Cloudbrixx GmbH, sagt: „Vor dem Hintergrund komplexer baurechtlicher Anforderungen und Genehmigungsprozesse ermöglicht die Integration von Software-Lösungen wie Cloudbrixx bei der Sanierung beziehungsweise Refurbishments von Gebäuden eine effiziente und flexible Steuerung. Mit dem Einsatz digitaler Tools ist eine strikte Kostenkontrolle gegeben, um das vorgegebene Budget einzuhalten. Der direkte Informationsfluss unterstützt dabei schnelle Entscheidungswege – so unter anderem bei dem Projekt von MuseumsBausteine Frankfurt.“

Die MuseumsBausteine Frankfurt GmbH nutzt Cloudbrixx im Rahmen eines Sanierungsprojektes des Zoogesellschaftshauses, bei dem ein Kinder- und Jugendtheater mit multifunktionalen Bühnen für ein breites Angebot an darstellenden Künsten geschaffen wird. Während des Umbaus werden die Planung und Kommunikation unter den Projektbeteiligten mit Cloudbrixx digital abgebildet. Auch der europaweit tätige Entwickler, Asset- und Property-Manager innerstädtischer Liegenschaften, Midstad, setzt bei der Digitalisierung seiner Workflows und Prozesse auf die Softwarelösungen von Cloudbrixx – so beispielsweise bei der Umwidmung einer Singletenant-Immobilie in eine Multitenant-Nutzung in der Frankfurter Einkaufmeile Zeil. Midstad nutzt Cloudbrixx unter anderem für einen transparenten Planungsprozess, dem Auftragswesen, der Kosten- & Budgetkontrolle sowie für das Management aller technischen Anlagen auf einer Plattform.

Bei der Entwicklung von passenden Softwarelösungen sieht Mockwitz einen kontinuierlichen Verbesserungsbedarf. „Wenn der User das jeweilige Angebot nicht nutzt, müssen wir einerseits dafür sorgen, dass die Technik nutzerfreundlicher wird. Die Arbeit damit muss Spaß machen. Andererseits ist es elementar, dass dieser disruptive Wandel in der Arbeitsweise auch auf Kundenseite unterstützt wird. Damit alle Tools ineinandergreifen, müssen diese prozessbezogen in einem Ökosystem verschmelzen. Dann verbessert sich zwangsläufig die Datenlage und die daraus resultierenden Reportings, wodurch sich die Akzeptanz aller Tools nach und nach erhöhen wird.“

Sandra Quellhorst

Head of Public Relations
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